„Auf den Böden der Krisen wachsen oft regelrechte Riesen“, hat Michael Marie Jung, Professor, Führungskräftetrainer und Coach einmal gesagt. Doch wie können wir den Stürmen des Lebens gelassener und mutiger begegnen? Und wie kann uns Yoga dabei Kraft schenken?
Vier Fragen als Tore zur Heilung
In einer Krise können Leid und Erlösung nah beieinander liegen. Wenn sich in schamanischen Kulturen ein Mensch an einen Heiler wendet, weil er krank ist oder er eine Krise hat, stellt er 4 Fragen:
Wann hast du aufgehört zu tanzen?
Wann hast du zuletzt gesungen?
Wann haben erzählte Geschichten ihren Zauber verloren?
Wie lange ist es her, dass du Erholung gefunden hast im Land der Stille?
Diese 4 Fragen können Tore zur wahren Welt sein. Und zur Heilung. Wenn wir am Leben leiden, dann führt kein Weg daran vorbei, in sich selbst nach den Ursachen forschen. Und letztendlich werden wir nur dort auch die Lösungen bzw. Erlösungen finden. Zu tanzen, zu singen, wirklich zuzuhören und das wohltuende Land der Stille mit Hilfe von Meditation aufzusuchen und auch Yoga zu praktizieren, können uns dabei behilflich sein, vor allem auch in Krisenzeiten.
Was ist eigentlich eine Krise?
Krisen können unser Leben von jetzt auch gleich auf den Kopf stellen, uns den Boden unter den Füßen wegziehen oder sie schleicht sich heimtückisch auf leisen Sohlen heran, erwischt uns kalt, und lässt uns zutiefst erstarrt, desillusioniert und ohne freudigen Lebensmut zurück.
Eine Krise ist der Höhepunkt, auch der Wendepunkt einer gefährlichen Lage oder der entscheidende Abschnitt einer schwierigen Situation. So gibt es die finanzielle Krise, politische Krise, wirtschaftliche Krise, seelische Krise. Es gab (und gibt es immer noch bzw. immer wieder) die Ölkrise, Finanzkrise, die Regierungskrise. Wir können in eine Ehekrise schlittern oder uns in einer Identitätskrise verlieren.
Das Wort Krise kommt vom Lateinischen und vom Griechischen: Lat. crisis, griech. krísis (κρίσις) und bedeutet ‘Entscheidung, entscheidende Wendung von Krankheiten, auch ‘Urteil, Gericht’. So verkörpert eine Krise eigentlich die entscheidende Wendung bzw. den Moment der Entscheidung.
Wie wir eine Krise betrachten und folglich mit ihr umgehen, ist entscheidend dafür, wie krisenfest oder
-anfällig wir künftig sind, und beeinflusst, wie wir auf unserem weiteren Lebensweg voranschreiten.
Einfach nur das Krönchen richten?
Richten wir unsere Krone und lächeln weiterhin mit unseren bislang scheinbar bewährten Bewältigungs- und Überlebensstrategien alles weg und beugen uns damit dem immer größer werdenden Leidensdruck, weil wir ja so groß und stark sind? Weil wir doch immer alles „richtig“ gemacht haben und auch weiterhin alles „richtig“ machen wollen? Doch Widerstand kostet viel Kraft und zehrt noch mehr an unserem Spirit, unserem Leuchten, unserem inneren Funken, der krisenbedingt glanzlos geworden ist und uns weder Halt, Schutz und Zuversicht schenkt.
Krise als Vorbote des Wandels
Krise hat immer etwas mit Wandel zu tun und unserem dauernden Kampf und Widerstand dagegen. Doch wie vielen Gedanken, Gefühlen und Spannungen können wir auf Dauer standhalten? Oftmals haben wir Angst vor Veränderung, Angst davor, vertraute, obwohl ausgetretene, Pfade zu verlassen. Wandel bringt Auf- und Umbrüche im Leben und der eigenen Biographie mit sich – seien es Trennungen, Verluste, hormonell bedingte Veränderungen oder eben das Einschlagen neuer, unbekannter Wege. Dabei lehren uns sowohl die Jahreszeiten als auch die Gezeiten des Meeres, dass sich das Leben, die Natur wie auch die eigene Natur sich immerwährend wandelt, wie immer wieder etwas stirbt und neu geboren wird. Und somit sind Krisen ein Wink, unsere althergebrachten Strategien, schwierige Lebensphasen zu bewältigen, zu überdenken oder gar gänzlich über Bord zu werfen, um nicht zu stagnieren oder gar krisengebeutelt unterzugehen.
Krise als Spiegel der eigenen Lebensthemen
Zu einer Krise gehört auch die Frage, welche Lebensthemen wir uns noch nicht angeschaut haben und welchen ich immer wieder ausgewichen bin. Dabei ist das Anschauen der eigenen Themen eine großartige Chance (Krise bedeutet im Chinesischen auch Chance), uns von altem Seelenballast zu befreien. Doch oft blockieren wir oder sabotieren uns selbst mit phantasievollen bis selbstschädigenden Vermeidungsstrategien, um das vielleicht unangenehme Wagnis der Selbstbegegnung zu umschiffen. Innere Muster, veraltete Glaubenssätze und Konditionierungen (aus der Kindheit, der Familie, Beruf, Job, Freunde, Lehrer) können sich mehr und mehr aufstauen und das Unterbewusstsein verstopfen. Dabei sollten wir eher lernen, eine Krise als Möglichkeit begreifen, die hier versteckte Botschaft zu dechiffrieren.
Krise als Hinweis auf eigene Ängste
Nicht nur erfordern Krisen unsere Anpassung, sondern werfen zudem Fragen auf, die unser Gefühl von Sicherheit und Identität betreffen:
- Wie definiere ich Sicherheit?
- Wer bin ich? Was wird aus mir? Worauf / wem kann ich vertrauen?
- Wo / in was bin ich wirklich zuhause? Wo ist meine wahre Herzheimat?
- Was verleugne ich in meinem Leben?
Krisenzeiten sind ein Hinweis, unsere ureigenen Ängste zu beleuchten. Angst lähmt uns und verleiht einen Tunnelblick, wenn es darum geht, unsere Krise genauer zu betrachten. Sind unsere Ängste real? Was steht eigentlich hinter unserer Angst?Der Begriff Angst hat sich seit dem 8. Jahrhundert von indogermanisch „anghu“ „beengend“ über althochdeutsch „angust“ entwickelt. Er ist verwandt mit lateinisch „angustus“ bzw. „angustia“ für „Enge, Beengung, Bedrängnis“ (siehe auch Angina) und „angor“ „Würgen“. Der Wortschatz von Angst rührt von der Enge-Erfahrung bei körperlichen Angstreaktionen und beschreibt somit tonal das Angsterleben. Die Laute, die wir von uns geben, verkörpern die Ursilben hiervon: Aus dem wahrnehmenden „Aah!“ wird ein atemabschnürendes, in der Kehle steckenbleibendes „Ah!“
Mit Yoga aus der Angst herauswachsen
Kundalini Yoga mit seinen kraftvollen Übungsreihen samt bewusster Atemführung und dynamischer Meditation lässt uns körperlich wieder weit werden und schafft aus der Enge der Angst heraus wieder den Raum für Sein und Seele, einen wahrhaftigen, heiligen Raum, der uns Schutz, Trost, Mut und Kraft schenkt, und der uns heilen und innerlich wachsen lässt.
Gerade wenn wir im Krisenmodus sind, sind wir verspannt, machen uns unbewusst klein, um in Deckung zu gehen oder unsichtbar zu werden, um uns zu schützen, uns vor der Umwelt zu panzern. Im schlimmsten Fall versteinern wir, werden unbeweglich und starr. Die Folge: Wir verkürzen, schlimmstenfalls verkümmern wir, denn Spannungen und krisenbedingter Stress können sich in Sekundenschnelle auf die Wirbelsäule auswirken und kleine Wirbelverschiebungen auslösen. Diese sind dann als Energieblockaden zu spüren.
Verantwortung übernehmen
Mit Yoga können wir unsere Wirbelsäule elastisch und flexibel halten, was uns dabei hilft, uns geschmeidiger anpassen und unsere Lebensumstände leichter schultern zu können. Es stärkt im übertragenen Sinn unser Rückgrat, so dass wir aufrichtig und standhaft sind und dementsprechend durchs Leben gehen sowie unsere Krisen meistern können. Kriyas (Übungsreihen im Kundalini Yoga), die sich positiv auf das Nervensystem auswirken, sind Übungen für die Wirbelsäule, da sie das hier enthaltene Nervengeflecht massieren.
Die Sonne symbolisiert in der Astrologie die Wirbelsäule, die für das Ich, den Stolz, für Unabhängigkeit und Lebensfreude sowie für die Fähigkeit, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, steht.
Zum anderen besteht eine enge Beziehung zwischen Nervensystem und Wirbelsäule: Alle Übungen für die Wirbelsäule wirken auf das Nervensystem, vor allem im unteren Rücken, da hier viele Nerven die Wirbelsäule verlassen. Weiterhin befindet sich zwischen dem 1. und 2. Lendenwirbel das „Tor des Lebens“, in dem das Ying der Niere, unsere zugrunde liegende Lebensenergie, gespeichert ist.
Zeit für einen Perspektivwechsel
“Um klar zu sehen, genügt ein Wechsel der Blickrichtung“ hat Antoine de Saint-Exupèry einmal gesagt. Sollten wir uns immer wieder bei einem wehklagenden „Warum ich?“ ertappen, ist es an der Zeit, unsere Perspektive zu wechseln und loszulassen, was nicht mehr zu ändern ist und was wir eh niemals hätten beeinflussen können. Es ist an der Zeit, sich von Selbstzerfleischung und Perfektionismus zu verabschieden und zu akzeptieren, dass das Leben nicht immer Glanz und Glamour für uns bereithält. „Warum immer nur ich?“ Ja, vielleicht immer nur wir, weil wir eine bestimmte Lektion im Leben noch nicht abgeschlossen haben und deshalb noch nicht bereit bzw. reif genug sind for the next level.
Was in Krisenzeiten noch helfen kann
– Ehrlich mit sich selbst sein und eine klare Bestandsaufnahme machen – Realismus wappnet gegen Risiken
– Sich fragen, welche Konditionierungen / Grundsätze bestimmen (noch) über mich, die gar nicht zu mir gehören? Welche schlechten Gewohnheiten „pflege“ ich? Was konsumiere ich eigentlich?
– 1x täglich lachen und schwitzen
– Sich erden: wandern, tanzen, gärtnern, Verbindung mit der Natur, Bäume umarmen – das haben wir als kleines Kind auch getan
– Rituale (helfen beim Loslassen und bei Neuanfängen)
– Intuition stärken (der Kompass in den Stürmen des Lebens) durch Yoga & Meditation
– Gnädig sein: aus dem Karussell des Perfektionismus aussteigen und akzeptieren, dass eine Krise keine Zeit für kreative, tollkühne Großprojekte und erzwungene Lebensumstellungen ist
– Singen (deaktiviert das für Angst zuständige Areal im Gehirn)
– Selbstfürsorge – auf die innere Stimmung, die innere Führung hören, Grenzen setzen
– Dankbarkeit kultivieren (für wen & was bin ich täglich dankbar?) und damit deine Energiefrequenz
Krisenentscheidende Fragen
Die entscheidenden Fragen, die wir uns in einer Krise stellen sollten, sind:
– Wollen wir nach der Krise dasselbe Leben führen wie vorher?
– Welchen Rhythmus haben wir? Nach welchen Rhythmen leben wir? Leben wir in unseren Rhythmen oder leben wir gegen sie? Akzeptieren wir, dass das Leben in Zyklen verläuft?
– Wo liegt unser Fokus?
– Was wollen wir jetzt loslassen? Was will ich in meinem Leben neu umarmen?
Bist Du bereit?
„Krisen sind Angebote des Lebens, sich zu wandeln. Man braucht noch gar nicht zu wissen, was neu werden soll. Man muss nur bereit und zuversichtlich sein“, hat die deutsche Schriftstellerin Luise Rinser einmal gesagt. Bist DU bereit? Dann lade ich Dich herzlich ein zu meiner neuen Yogareihe „Yoga im Museum: Kraftquellen für den Alltag“ ein, die ich ab dem 10.10.2024 jeweils am 2. Donnerstag im Monat im Gustav-Lübcke-Museum Hamm im Rahmen der Ausstellung „Strahlender Untergang: Zwischen Zorn und Zuversicht“ unterrichte.
Hier erfährst Du, wie Du mit Yoga Krisenzeiten und komplexe Herausforderungen besser meistern kannst. Es erwarten Dich wohltuende Yoga- und Atemübungen sowie kraftvolle Mantren und Meditationen, Inspirationen und Wohlfühl-Tipps, die Du auch leicht im Alltag integrieren kannst.
Die Anmeldung erfolgt direkt im Gustav-Lübcke-Museum Hamm.
Sei dabei – ich freue mich auf Dich!